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Senna

Senna (Cassia senna) Illustration

Botanischer Name: Cassia senna L.; Cassia angustifolia Vahl

Deutsche Bezeichnung: Sennesblätter
Lateinischer Name: Sennae folium
Verwendeter Pflanzenteil: getrocknete Blätter

Deutsche Bezeichnung: Sennesfrüchte
Lateinischer Name: Sennae fructus
Verwendeter Pflanzenteil: getrocknete Früchte/Schoten

Arzneimittelart: apothekenpflichtige Arzneimittel

Senna (Cassia senna) Illustration

Gut belegte Anwendung

Sannesblätter und Sennesfrüchte, als pflanzliches Arzneimittel zur kurzfristigen Anwendung bei gelegentlicher Verstopfung

Bewertung: 4 von 5.

Zum Schlucken (Orale Einnahme)

  • Sennesblätter oder Sennesfrüchte als Kräutertee, oder in standardisierten flüssigen oder festen Darreichungsformen, entsprechend 10 – 30 mg Hydroxyanthracen-Derivate (berechnet als Sennosid B nach photometrische Methode); 1-mal täglich nachts einnehmen
    Die richtige Einzeldosis ist die kleinste Dosis, die erforderlich ist, um einen angenehmen, sanft geformten Stuhlgang zu erzeugen.

Sollte nicht länger als 1 Woche verwendet werden. Normalerweise ist es ausreichend, Senna zwei bis drei Mal in dieser Woche einzunehmen.

Wenn die Symptome während der Einnahme fortbestehen oder sich verschlimmern, sollte ein Arzt oder Apotheker konsultiert werden.

Wirkungsweise
  • Arzneimittel aus Sennesblättern und Sennesfrüchten enthalten Anthrachinone. Diese regen den Stuhlgang an und fördern die Entleerung des Darms. Sie verändern auch die Aufnahme von Wasser und Salz aus dem Darm. Dadurch erhöht sich der Wasseranteil im Darm, der Darminhalt wird dadurch weicher und kann leichter durch den Darm fließen.
  • Die Entleerung erfolgt mit einer Verzögerung von 8-12 Stunden, da der Transport zum Dickdarm und die Metabolisierung zum Wirkstoff eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
  • Es gibt zwei verschiedene Wirkmechanismen:
    1) Stimulierung der Motilität des Dickdarms, was zu einer Beschleunigung des Kolontransits führt.
    2) Beeinflussung der Sekretionsvorgänge durch zwei gleichzeitige Mechanismen, nämlich Hemmung der Absorption von Wasser und Elektrolyten (Na+ , Cl – ) in die Dickdarmepithelzellen (antiabsorptive Wirkung) und Erhöhung der Dichtigkeit der tight junctions und Stimulierung der Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Lumen des Dickdarms (sekretagogische Wirkung), was zu einer erhöhten Konzentration von Flüssigkeit und Elektrolyten im Lumen des Dickdarms führt.
  • 1,8-Dihydroxyanthracen-Derivate besitzen eine abführende Wirkung. Die β-O-verknüpften Glykoside (Sennoside) werden weder im oberen Darm absorbiert noch durch menschliche Verdauungsenzyme gespalten. Sie werden von den Bakterien des Dickdarms in den aktiven Metaboliten (Rheinanthron) umgewandelt. Die Aglykone werden im oberen Darm absorbiert. Tierversuche mit radioaktiv markiertem Rheinanthron, das direkt in den Blinddarm verabreicht wurde, zeigten eine Absorption von <10%. In Kontakt mit Sauerstoff wird Rheinanthron zu Rhein und Sennidinen oxidiert, die im Blut hauptsächlich in Form von Glucuroniden und Sulfaten zu finden sind. Nach oraler Verabreichung von Sennosiden werden 3 – 6 % der Metaboliten mit dem Urin ausgeschieden; einige werden mit der Galle ausgeschieden.
  • Die meisten Sennoside (ca. 90 %) werden als Polymere (Polychinone) zusammen mit 2-6 % unveränderten Sennosiden, Sennidinen, Rheinanthron und Rhein mit den Fäkalien ausgeschieden. In pharmakokinetischen Studien am Menschen mit Sennesfrüchtenpulver (20 mg Sennoside), das 7 Tage lang oral verabreicht wurde, wurde eine maximale Konzentration von 100 ng Rhein/ml im Blut festgestellt. Eine Akkumulation von Rhein wurde nicht beobachtet.
  • Aktive Metaboliten, z. B. Rhein, gehen in geringen Mengen in die Muttermilch über. Tierversuche haben gezeigt, dass die Plazentagängigkeit von Rhein gering ist.

Sennesfrüchte als pflanzliches Arzneimittel zur Darmreinigung vor medizinischen Eingriffen, die eine Entleerung des Darms erfordern z. B. Darmradiologie oder Darmspiegelung

Bewertung: 4.5 von 5.

Zum Schlucken (Orale Einnahme)

  • Sennesfrüchte als Kräutertee, oder in standardisierten flüssigen oder festen Darreichungsformen, entsprechend 150mg Hydroxyanthracen-Derivate (berechnet als Sennosid B nach photometrische Methode); am frühen Nachmittag des Tages vor der geplanten Untersuchung mit einem Glas Wasser einnehmen.

Nur zum einmaligen Gebrauch gemäß den angegebenen Anweisungen.
Beispiel: Die Anwendung beginnt mit einer dreitägigen Diät mit klarer Flüssigkeit, das Sennesfrüchte-Präparat wird zwischen 14:00-16:00 Uhr des Tages vor der Untersuchung eingenommen, gefolgt von einem Glas Wasser und dem Trinken von 2 l klarer Flüssigkeit bis zum Schlafengehen. Keine feste Nahrung bis zur Untersuchung.

Vorsichtshinweis

Die langfristige Einnahme von stimulierenden Abführmitteln sollte vermieden werden, da die Einnahme über einen kurzen Zeitraum hinaus zu einer Beeinträchtigung der Darmfunktion und zur Abhängigkeit von Abführmitteln führen kann.
Wenn täglich Abführmittel benötigt werden, sollte die Ursache der Verstopfung untersucht werden.
Zubereitungen aus Sennesblättern oder Sennesfrüchten sollten nur dann eingesetzt werden, wenn eine therapeutische Wirkung durch eine Ernährungsumstellung oder die Gabe von blähungsbildenden Mitteln nicht erreicht werden kann.

Nicht anwenden bei (Kontraindikation):

  • Überempfindlichkeit gegen den aktiven Wirkstoff
  • Fälle von Darmverschlüssen und -verengungen, Atonie, Blinddarmentzündung, entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Bauchschmerzen unbekannter Ursache
  • schwerer Dehydratationszustand mit Wasser- und Elektrolytverarmung.
  • Schwangerschaft, aufgrund experimenteller Daten über ein genotoxisches Risiko verschiedener Anthranoide, z.B. Emodin und Aloe-Emodin
  • Stillzeit, da nach der Verabreichung von Anthranoiden aktive Metaboliten, wie z. B. Rhein, in geringen Mengen in die Muttermilch ausgeschieden wurden.
  • Kindern unter 12 Jahren

Bei Anwendung sollte beachtet werden:

  • Patienten, die Herzglykoside, Arzneimittel gegen Herzrhythmusstörungen, Arzneimittel, die eine QT-Verlängerung bewirken, Diuretika, Nebennierenrindenhormone oder Süßholzwurzel einnehmen, müssen vor der gleichzeitigen Einnahme von Senna-Präparaten ihren Arzt befragen.
  • Wie alle Abführmittel sollten Senna-Präparate von Patienten mit Stuhlverstopfung und nicht diagnostizierten, akuten oder anhaltenden Magen-Darm-Beschwerden, z. B. Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, nur auf Anraten eines Arztes eingenommen werden, da diese Symptome Anzeichen eines möglichen oder bestehenden Darmverschlusses (Ileus) sein können.
  • Wenn Senna-Präparate an inkontinente Erwachsene verabreicht werden, sollten die Einlagen häufiger gewechselt werden, um einen längeren Hautkontakt mit Fäkalien zu vermeiden.
  • Bei Patienten mit Nierenerkrankungen sollte auf ein mögliches Elektrolyt-Ungleichgewicht geachtet werden.

Bei flüssigen Darreichungsformen kann Alkohol (Ethanol) enthalten sein.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (Interaktion):

  • Eine Hypokaliämie (Kaliumspiegel im Blut zu niedrig) infolge von langfristigem Abführmittelmissbrauch verstärkt die Wirkung von Herzglykosiden und steht in Wechselwirkung mit Antiarrhythmika.
  • Die gleichzeitige Anwendung mit Diuretika, Adrenocorticosteroiden und Süßholzwurzel kann den Kaliumverlust verstärken.

Bekannte Nebenwirkungen:

Überempfindlichkeit:

  • Überempfindlichkeitsreaktionen (Juckreiz, Urtikaria, lokale oder generalisierte Exantheme) können auftreten. Die Häufigkeit ist nicht bekannt.

Gastrointestinale Störungen:

  • Bauchschmerzen und -krämpfe sowie flüssigen Stuhlgang, insbesondere bei Patienten mit Reizdarm. Die Häufigkeit ist nicht bekannt.
    Diese Symptome können aber auch allgemein als Folge einer individuellen Überdosierung auftreten. In solchen Fällen ist eine Dosisreduktion erforderlich.
  • bei chronischer Einnahme – mögliche Pigmentierung der Darmschleimhaut (Pseudomelanosis coli), die sich in der Regel nach Absetzen des Präparates zurückbildet. Die Häufigkeit ist nicht bekannt.

Nieren- und Harnwegssymptome:

  • Langfristige Anwendung kann zu einem Wasser- und Elektrolyt-Ungleichgewicht führen und Albuminurie und Hämaturie zur Folge haben. Die Häufigkeit ist nicht bekannt.
  • gelbe oder rot-braune (pH-abhängige) Verfärbung des Urins durch Metaboliten, die klinisch nicht signifikant ist. Die Häufigkeit ist nicht bekannt.

Beim Auftreten von unerwünschten Wirkungen sollte ein Arzt oder Apotheker konsultiert werden.

Anzeichen einer Überdosierung:

  • Die Hauptsymptome einer Überdosierung/eines Missbrauchs sind stechende Schmerzen und schwere Diarrhöe mit entsprechenden Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten. Die Behandlung sollte unterstützend sein und reichlich Flüssigkeit enthalten. Die Elektrolyte, insbesondere Kalium, sollten überwacht werden. Dies ist besonders bei älteren Menschen wichtig.
  • Eine chronische Überdosierung von anthranoidhaltigen Arzneimitteln kann zu einer toxischen Hepatitis führen.

Sicherheitsuntersuchungen:

Für Sennesblätter, Sennesfrüchte oder Zubereitungen daraus liegen keine präklinischen Daten vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass die mit Sennesfrüchten gewonnenen Daten auf Zubereitungen aus Sennesblättern übertragbar sind:

  • In einer 90-Tage-Studie an Ratten wurden Sennesfrüchte in Dosen von 100 mg/kg bis zu 1500 mg/kg (menschliche Äquivalenzdosis von 16-242 mg/kg) verabreicht. In allen Gruppen wurde eine epitheliale Hyperplasie des Dickdarms von geringem Ausmaß festgestellt, die innerhalb der 8-wöchigen Erholungsphase reversibel war. Die hyperplastischen Läsionen des Vormagenepithels waren ebenfalls reversibel. Dosisabhängige tubuläre Basophilie und Epithelhypertrophie der Nieren wurden bei einer Dosis von 300 mg/kg oder mehr pro Tag ohne funktionelle Beeinträchtigung beobachtet. Diese Veränderungen waren ebenfalls reversibel. Die Einlagerung eines braunen tubulären Pigments führte zu einer dunklen Verfärbung der Nierenoberfläche und blieb auch nach der Erholungsphase in geringerem Maße bestehen. Im Nervengeflecht des Dickdarms wurden keine Veränderungen festgestellt. Ein NOEL-Wert (no-observable-effect-level) konnte in dieser Studie nicht erreicht werden.
  • Sennesfrüchte, ihre Extrakte und mehrere Hydroxylanthracenderivate (außer Sennoside, Rhein und Sennidine) waren in mehreren In-vitro-Testsystemen mutagen und genotoxisch. Für Senna und Aloe-Emodin wurde dies jedoch in In-vivo-Systemen nicht nachgewiesen.
  • In Langzeit-Karzinogenitätsstudien mit Sennesfrüchten wurden Auswirkungen auf Nieren und Dickdarm/Zäkum festgestellt.

Quellennachweis

European Union herbal monograph über Senna alexandrina Mill. (Cassia senna L.; Cassia angustifolia Vahl), folium und Senna alexandrina Mill. (Cassia senna L.; Cassia angustifolia Vahl), fructus des Committee on Herbal Medicinal Products der European Medicines Agency (EMA/HMPC/625849/2015 & EMA/HMPC/228761/2016)